Konzern­lagebericht

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Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage

Vor dem Hintergund eines weltweit beeinträchtigten Marktumfelds und der weiterhin eingeschränkten Fahrzeugverfügbarkeit infolge von Engpässen bei der Teileversorgung konnte der Volkswagen Konzern im Berichtsjahr deutlich höhere Umsätze erzielen und sein Operatives Ergebnis steigern.

Die Segmentberichterstattung des Volkswagen Konzerns umfasst gemäß IFRS 8 – entsprechend der internen finanziellen Steuerung und Berichterstattung – die vier berichtspflichtigen Segmente Pkw und leichte Nutzfahrzeuge, Nutzfahrzeuge, Power Engineering und Finanzdienstleistungen.

In der Überleitungsrechnung sind die Bereiche und sonstigen Geschäftstätigkeiten, die definitionsgemäß keine Segmente darstellen, enthalten. Dazu zählt auch die nicht allokierte Konzernfinanzierung. Die Konsolidierung zwischen den Segmenten (einschließlich der Holdingfunktionen) erfolgt ebenfalls innerhalb der Überleitungsrechnung. Die Zuordnung der Kaufpreisallokationen von Porsche Holding Salzburg und Porsche sowie Scania, MAN und seit Juli 2021 Navistar folgt deren Abbildung in den Segmenten.

Der Konzernbereich Automobile umfasst die Segmente Pkw und leichte Nutzfahrzeuge, Nutzfahrzeuge und Power Engineering sowie die Werte der Überleitungsrechnung. Wir fassen dabei das Segment Pkw und leichte Nutzfahrzeuge und die Überleitungsrechnung zum Bereich Pkw zusammen, für Nutzfahrzeuge und Power Engineering ist das Segment gleich dem Bereich. Der Konzernbereich Finanzdienstleistungen entspricht dem Segment Finanzdienstleistungen.

Das Segmentergebnis wird bei Volkswagen auf Basis des Operativen Ergebnisses bestimmt.

KENNZAHLEN 2022 NACH SEGMENTEN

Mio. €

 

Pkw und leichte Nutz­fahrzeuge

 

Nutz­fahrzeuge

 

Power Enginee­ring

 

Finanz­dienst­leistungen

 

Summe Segmente

 

Überleitung

 

Volkswagen Konzern

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Umsatzerlöse

 

210.371

 

39.516

 

3.565

 

46.847

 

300.299

 

−21.067

 

279.232

Segmentergebnis (Operatives Ergebnis)

 

17.153

 

1.588

 

281

 

5.656

 

24.677

 

−2.553

 

22.124

in % der Umsatzerlöse

 

8,2

 

4,0

 

7,9

 

12,1

 

 

 

 

 

7,9

Sachinvestitionen und aktivierte Entwicklungskosten

 

20.125

 

1.907

 

84

 

217

 

22.334

 

338

 

22.672

BÖRSENGANG DER PORSCHE AG

Im Rahmen des Börsengangs der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG, Stuttgart (Porsche AG) konnten am 28. September 2022 insgesamt 113.875.000 Vorzugsaktien der Porsche AG zu einem Platzierungspreis von 82,50 € je Vorzugsaktie und damit zu einem Wert von insgesamt rund 9,4 Mrd. € erfolgreich bei Investoren platziert werden – einschließlich 14.853.260 Vorzugsaktien, um mögliche Mehrzuteilungen abzudecken. Die auf den Inhaber lautenden stimmrechtslosen Stückaktien ohne Nennbetrag stammen aus dem Bestand der Porsche Holding Stuttgart GmbH, Stuttgart – einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft der Volkswagen AG. Die gesamte Anzahl der im Rahmen des Börsengangs angebotenen Vorzugsaktien entsprach bis zu 25 % des Vorzugsaktienkapitals der Porsche AG (inklusive Mehrzuteilungen). Die stimmrechtslosen Vorzugsaktien der Porsche AG werden seit dem 29. September 2022 im regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse gehandelt. Bis zur vorzeitigen Beendigung der Stabilisierungsperiode am 11. Oktober 2022 wurden insgesamt 3.794.199 Vorzugsaktien wieder am Markt zurückgekauft. Der Free-Float der Vorzugsaktien beträgt damit nach Beendigung der Stabilisierungsperiode 24,2 % und umfasst 110.080.801 Vorzugsaktien.

Zusätzlich hat Volkswagen im Zusammenhang mit dem Börsengang eine Beteiligung von 25 % der Porsche AG Stammaktien zuzüglich einer Stammaktie an die Porsche Automobil Holding SE, Stuttgart (Porsche SE), veräußert. Als Gegenleistung hat sich die Porsche SE verpflichtet, einen Kaufpreis von rund 10,1 Mrd. € an Volkswagen zu zahlen; dieser Kaufpreis beinhaltet eine Prämie von 7,5 % auf den Platzierungspreis der Vorzugsaktien je Aktie. Der Vollzug des Erwerbs der Stammaktien erfolgt in zwei Tranchen zu 79.712.501 beziehungsweise 34.162.500 Aktien.

Das Eigenkapital des Volkswagen Konzerns hat sich durch die Transaktionen nach Berücksichtigung von direkt mit dem Eigenkapital verrechneten Bankprovisionen und -gebühren in Höhe von 0,1 Mrd. € um 19,1 Mrd. € erfolgsneutral erhöht, wovon 10,8 Mrd. € als Anteile von Minderheiten ausgewiesen werden. Der Mittelzufluss für die Vorzugsaktien sowie die erste Tranche der Stammaktien ist zu Beginn des vierten Quartals 2022 erfolgt.

Aufgrund des Beschlusses auf der außerordentlichen Hauptversammlung der Volkswagen AG am 16. Dezember 2022 bestand die Verpflichtung zur Zahlung der um 19,06 € je Stamm- und Vorzugsaktie erhöhten Dividende („Sonderdividende“), was zu einer Gesamtverpflichtung gegenüber den Anteilseigner der Volkswagen AG in Höhe von 9,6 Mrd. € führte. Hierfür wurde zum Bilanzstichtag unter Berücksichtigung der nachfolgend beschriebenen Aufrechnung eine entsprechende Verbindlichkeit erfasst. Der Mittelabfluss war für den 9. Januar 2023 terminiert und ist an diesem Tag erfolgt.

Die Volkswagen AG und die Porsche SE haben sich auf eine Aufrechnung der Verpflichtung gegenüber der Porsche SE auf Zahlung der Sonderdividende mit dem Anspruch der Volkswagen AG auf die Zahlung des noch ausstehenden Kaufpreises für die zweite Tranche der Stammaktien geeinigt. Die Kaufpreisforderung der zweiten Tranche in Höhe von 3,0 Mrd. € und die Dividendenverbindlichkeit in Höhe von 3,1 Mrd. € werden daher im Konzernabschluss zum 31. Dezember 2022 saldiert ausgewiesen. Mit der Zahlung der Sonderdividende am 9. Januar 2023 wurde die Aufrechnung vollzogen.

Die Beschäftigten der Volkswagen AG und der Volkswagen Sachsen GmbH sollen über eine Einmalzahlung von bis zu 2.000 € pro Mitarbeiter am wirtschaftlichen Erfolg der Platzierung der Vorzugsaktien und der Veräußerung der Stammaktien an der Porsche AG partizipieren. Hierfür wurde zum Bilanzstichtag eine Verbindlichkeit in Höhe von 0,3 Mrd. € erfasst. Am 17. Oktober 2022 haben Vorstand und Betriebsrat der Porsche AG eine Sonderzahlung an die Mitarbeiter zum erfolgreichen Börsengang kommuniziert, welche im vierten Quartal 2022 aufwandswirksam erfasst und ausgezahlt wurde. Insgesamt beträgt der Bonus an Mitarbeiter im Zusammenhang mit dem Börsengang der Porsche AG im Volkswagen Konzern zum Bilanzstichtag 0,5 Mrd. €.

ÜBERNAHME EUROPCAR

Volkswagen hatte 2021 mit dem Finanzinvestor Attestor Limited und der Pon Holdings B.V. ein gemeinsames öffentliches Übernahmeangebot auf die Anteile an der Europcar Mobility Group S.A., Paris/Frankreich (Europcar) über die Konsortialgesellschaft Green Mobility Holding S.A. (GMH) mit Sitz in Strassen/Luxembourg abgegeben. Ende Mai 2022 erfolgte die letzte kartellrechtliche Freigabe durch die EU-Kommission. Innerhalb einer verlängerten Angebotsfrist gab die französische Finanzmarktaufsichtsbehörde den Europcar Aktionären die Möglichkeit, ihre Aktien der Konsortialgesellschaft anzudienen. Insgesamt nahmen 93,6 % der Europcar Aktionäre das Angebot an. Das Konsortium hat Mitte Juni 2022 gemeinsam die Beherrschung über Europcar übernommen. Da die Annahmequote über 90 % lag, wurde im Juli 2022 ein Squeeze-out-Verfahren für die noch verbleibenden Europcar Aktien eingeleitet und ein Delisting vorgenommen. Seit 13. Juli 2022 hält die Konsortialgesellschaft 100 % der Europcar Anteile. Der Kaufpreis liegt bei 51 Cent je Europcar Aktie.

Ende Juni 2022 wurde der gesamte auf Volkswagen entfallende Kaufpreisanteil in Höhe von 1,7 Mrd. € in die GMH eingelegt. Die Gesellschaft, an der Volkswagen 66 % der Anteile hält, wird im Volkswagen Konzernabschluss aufgrund der vertraglich vereinbarten gemeinsamen Beherrschung nach der Equity-Methode bilanziert. Zudem ist Volkswagen Stillhalter von Put-Optionen der anderen Konsortialgesellschafter und die anderen Gesellschafter haben Volkswagen Call-Optionen auf ihre Anteile an der Konsortialgesellschaft eingeräumt. Die Optionen mit Attestor wurden im Dezember 2022 langfristig verlängert. Aus der Bewertung der Optionen ergab sich insgesamt im Berichtsjahr ein nicht zahlungswirksamer Aufwand in Höhe von 0,3 Mrd. €, der im Finanzergebnis erfasst wurde.

BROSE SITECH SP. Z O.O. TRANSAKTION

Nach Erfüllung aller Vollzugsbedingungen haben die Brose Fahrzeugteile SE & Co. Kommanditgesellschaft (Brose) und die Volkswagen Finance Luxemburg S.A., eine Tochtergesellschaft der Volkswagen AG, zu Jahresbeginn 2022 ein gemeinsames Unternehmen im Bereich Entwicklung und Fertigung von Komplettsitzen, Sitzstrukturen und -komponenten sowie Innenraumlösungen geschaffen. Dafür beteiligte sich Brose zur Hälfte an der bisherigen Volkswagen Konzerngesellschaft SITECH Sp. z o.o., Polkowice/Polen. An dem gemeinsamen Unternehmen halten Brose und Volkswagen jeweils 50 %, wobei Brose die industrielle Führung übernommen hat und das gemeinsame Unternehmen – Brose Sitech Sp. z o.o. – beherrscht. Volkswagen bilanziert Brose Sitech aufgrund des vorliegenden maßgeblichen Einflusses als assoziiertes Unternehmen nach der Equity-Methode. Aus der Umstellung der Bilanzierungsmethode ergab sich kein wesentlicher Ergebniseffekt für den Volkswagen Konzern.

ERWERB NAVISTAR

Am 1. Juli 2021 hat eine Gesellschaft der TRATON GROUP alle ausstehenden Anteile des US-amerikanischen Nutzfahrzeugherstellers Navistar International Corporation (Navistar) mit Sitz in Lisle, Illinois/USA erworben. Aufgrund der Größe der Transaktion konnten die internen Prüfungen der der Kaufpreisallokation zugrunde liegenden Informationen erst im laufenden Geschäftsjahr abgeschlossen werden. Aus der Aktualisierung der Kaufpreisallokation ergaben sich keine wesentlichen Auswirkungen auf die Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage des Volkswagen Konzerns.

WERTBERICHTIGUNG DER ARGO AI

Volkswagen hat im 3. Quartal 2022 die strategische Entscheidung getroffen, zur Entwicklung autonomen Fahrens nicht weiter in Argo AI, LLC, Pittsburgh/USA (Argo AI) zu investieren. Da Argo AI zuvor nicht in der Lage war, neue Investoren zu gewinnen, wurde die Beteiligung in Ermangelung zu erwartender Rückflüsse vollständig wertberichtigt. Hieraus resultierte im Geschäftsjahr 2022 ein Aufwand von 1,9 Mrd. €, der im Übrigen Finanzergebnis ausgewiesen wird. Es ist geplant, dass Argo AI abgewickelt wird.

RUSSLAND-UKRAINE-KONFLIKT

Im Berichtsjahr führten der fortdauernde Russland-Ukraine-Konflikt, die russische Teilmobilisierung sowie die weiteren Verschärfungen der Sanktionen der westlichen Staatengemeinschaft gegen Russland zu einer angepassten Risikoeinschätzung in Bezug auf die Situation in Russland.

Daraus konkretisierte sich im Volkswagen Konzern die Einstellung der geschäftlichen Tätigkeiten in Russland. In diesem Zusammenhang wurden einzelne Gesellschaften bereits veräußert beziehungsweise weitere Verkaufsverhandlungen gestartet. Auf Basis dieser Neueinschätzung wurden im Geschäftsjahr umfassende Wertberichtigungen auf Vermögenswerte von Produktionsstätten und Finanzdienstleistungsgesellschaften erfasst sowie Risikovorsorgen insbesondere für erwartete externe Aufwendungen aus der Einstellung der Tätigkeiten in Russland vorgenommen.

Insgesamt wurde im Berichtsjahr durch die unmittelbaren Auswirkungen des Russland-Ukraine-Konflikts ein Aufwand in Höhe von rund 2 Mrd. € erfasst, welcher in den Kosten der Umsatzerlöse sowie im Sonstigen betrieblichen Ergebnis ausgewiesen wird. Dies belastete den Konzernbereich Automobile in Höhe von 1,5 Mrd. € und den Konzernbereich Finanzdienstleistungen in Höhe von 0,5 Mrd. €.

ZUR VERÄUSSERUNG GEHALTENE BETEILIGUNGEN

Die Porsche AG hat im Dezember eine Vereinbarung mit einem unabhängigen konzernfremden Investor über die Veräußerung zweier russischer Vertriebsgesellschaften des Segments Pkw und leichte Nutzfahrzeuge, OOO Porsche Russland, Moskau/Russland und OOO Porsche Center Moscow, Moskau/Russland sowie einer russischen Gesellschaft, die dem Segment Finanzdienstleistungen zugeordnet ist, OOO Porsche Financial Services Russland, Moskau/Russland, geschlossen. Des Weiteren wurde mit diesem Investor eine Vereinbarung über die Rückkaufoption getroffen, die frühestens fünf und spätestens zehn Jahre nach Veräußerung ausgeübt werden kann. Die rechtliche Übertragung des Eigentums an den russischen Tochterunternehmen der Porsche AG unterliegt zum Stichtag der noch ausstehenden Zustimmungen der russischen Behörden. Aktuell ist davon auszugehen, dass die rechtliche Übertragung des Eigentums und eine finale Feststellung des Kaufpreises innerhalb des ersten Quartals des Jahres 2023 stattfinden wird.

Im 4. Quartal 2022 wurde beschlossen, die dem Segment Finanzdienstleistungen zugehörigen vollkonsolidierten Tochtergesellschaften OOO Volkswagen Bank RUS, Moskau/Russland, OOO Volkswagen Group Finanz, Moskau/Russland und OOO Volkswagen Financial Services RUS, Moskau/Russland zu veräußern. Nach Beschlussfassung durch die zuständigen Gremien wurde bereits mit der Umsetzung eines Veräußerungsplans begonnen, dessen Abschluss voraussichtlich im ersten Halbjahr 2023 erwartet wird.

Am 15. Dezember 2022 hat der Aufsichtsrat der Volkswagen AG beschlossen, das MAN ES Gasturbinengeschäft der MAN Energy Solutions SE, Augsburg und der MAN Energy Solutions Schweiz AG, Zürich/Schweiz mittels Asset Deal an die CSIC Longjiang GH Gas Turbine Co. Ltd., Harbin/China und deren noch zu gründenden Tochtergesellschaften deutschen und schweizerischen Rechts zu veräußern. Die Transaktion wird voraussichtlich innerhalb der nächsten 12 Monate abgeschlossen sein.

Die Zur Veräußerung gehaltenen Vermögenswerte und Schulden wurden gemäß IFRS 5 zum niedrigeren Wert aus Buchwert und beizulegendem Zeitwert abzüglich der voraussichtlichen Veräußerungskosten angesetzt.

SONDEREINFLÜSSE

Sondereinflüsse umfassen bestimmte Sachverhalte im Abschluss, deren gesonderte Angabe nach Einschätzung des Vorstands nützlich ist, um den wirtschaftlichen Erfolg besser beurteilen zu können.

Im Geschäftsjahr 2022 ergaben sich im Operativen Ergebnis im Zusammenhang mit der Dieselthematik negative Sondereinflüsse in Höhe von −0,4 (−0,8) Mrd. € im Bereich Pkw. Diese resultierten im Wesentlichen aus zusätzlichen Aufwendungen für Rechtsrisiken.